Sachverhalt:

In einem LV für Renovierungsarbeiten ist als Eventualposition der Austausch von 25 Stück beschädigter Teile einer Bleiverglasung enthalten. Die VOB/B ist vereinbart. Der AN verlangt zusätzlich gut 20.000 €, weil er sämtliche irgendwie beschädigten Glasteile ausgetauscht hat. Der AG bestreitet, den Zusatzauftrag erteilt zu haben.

Entscheidung:

Das OLG Karlsruhe weist die Klage des AN ab. Er bekommt keine zusätzliche Vergütung. Das Gericht erkennt keine Anspruchsgrundlage hierfür. Einen Zusatzauftrag des AG konnte der AN nicht beweisen. Auch auf § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B (Text siehe unten) kann sich der AN nicht stützen, denn keine der dort genannten Voraussetzungen ist hier gegeben:

  1. Notwendigkeit

Die Zusatzarbeiten müssen „zur Erfüllung des Vertrags notwendig“ sein. Sie sind dann notwendig, wenn ohne ihre Ausführung der vertraglich vereinbarte Erfolg nicht eintreten kann. Mit der vorgesehenen Art und Weise muss also der Erfolg nicht erreicht werden können, sondern nur dadurch, dass der AN die zusätzlichen Leistungen erbringt. Meist geht es bei der „Notwendigkeit“ um technische Erfordernisse.

Das ist hier eindeutig nicht der Fall. Zur Erreichung des Erfolgs „25 beschädigte Glasteile austauschen“ ist nicht der Austausch aller beschädigten Teile erforderlich.

  1. Mutmaßlicher Wille des AG

Die zusätzliche Leistung muss dem „mutmaßlichen Willen des AN“ entsprechen. Hier war der Austausch von 25 Glasteilen als Eventualpositionen ausgeschrieben. Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich daraus, dass der AN nicht davon ausgehen durfte, dass der AG mit dem Austausch aller beschädigten Glasteile einverstanden wäre, egal wie viel es sein sollten.

  1. Unverzügliche Anzeige

Um eine zusätzliche Vergütung zu erhalten, muss der AN die Arbeiten „unverzüglich“ dem AG anzeigen. Das bedeutet, der AN muss die Anzeige so schnell es geht nach Prüfung der Gegebenheiten absenden muss. Die Anzeige kann auch in einem Nachtragsangebot liegen. Die Anzeige muss aber an den Auftraggeber geschickt werden und nicht an den Architekten, da damit die Gefahr bestünde, dass die Anzeige nicht unverzüglich bei dem AG eingeht.
Im vorliegenden Fall hat der AG Kenntnis von den zusätzlichen Arbeiten des AN erst mit dessen Schlussrechnung erhalten. Damit ist zweifellos die Unverzüglichkeit nicht gegeben.

(OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.11.2014; AZ: 13 U 69/13; rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde; BGH, Beschluss vom 30.8.2017; AZ: VII ZR 292/14)

 

Hinweis:

  • 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B:
    … Eine Vergütung steht ihm auch zu, wenn die Leistungen für die Erfüllung des Vertrags notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und ihm unverzüglich angezeigt wurden. …

Der AN hätte hier ganz einfach eine Klärung herbeiführen können, indem er den AG fragt, ob er tatsächlich alle beschädigten Glasteile austauschen soll.

Die Entscheidung zeigt erneut, dass der Notbehelf des § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B oft nicht funktioniert. Insbesondere die unverzügliche Anzeige kann nicht mehr nachgeholt werden, wenn der Zeitpunkt dafür verpasst wurde. Diese Anzeige ist aber Voraussetzung für den Anspruch aus § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B, wenn der AG die Leistung nicht anerkennt.