Ein Handwerker verletzt seine Verkehrssicherungspflicht nicht, wenn er im Rahmen seiner Arbeiten eine Zimmertür aushängt und an die Wand lehnt.

 

Sachverhalt:

Im Zuge seiner Arbeiten in einem Kindergarten hängte ein Bauunternehmer die Tür zu einem Waschraum aus und lehnte sie an die Wand. Die Raumpflegerin war dadurch bei der Reinigung des Waschraums behindert. Deshalb wollte sie die Tür zur Seite schieben. Dabei fiel die Tür um, die Raumpflegerin stürzte und brach sich den Oberarm. Sie verlangt Schmerzensgeld vom Bauunternehmer.

 

Urteil:

Das LG Coburg (Urteil vom 4. März 2014, 22 O 619/13) weist die Klage ab. Es ist der Meinung, dass die Raumpflegerin sich selbst gefährdet hat. Niemand ist verpflichtet, Andere vor einer Selbstgefährdung zu schützen. Jedenfalls hat der Unternehmer seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Die Tür war korrekt abgestellt, so dass sie von alleine nicht umkippen konnte. Diese Gefahr hat erst die Raumpflegerin geschaffen, als sie die Tür wegschieben wollte. Wenn sie selbst die Gefahr schafft, ist sie auch alleine dafür verantwortlich, dass sie sie beherrschen kann.

Eine Haftung des Bauunternehmers wäre auch gegeben, wenn er damit hätte rechnen müssen, dass jemand die Tür zur Seite rücken will. Diese Möglichkeit war hier dadurch gegeben, dass die angelehnte Tür eine Toilettenkabine blockierte. Es war weiterhin sehr nahe liegen, dass die Waschräume in einem Kindergarten regelmäßig gereinigt werden. Das Gericht sah trotzdem keine Haftung des Unternehmers, weil die Geschädigte die Gefahr hätte erkennen und ihren Eintritt durch entsprechende Maßnahmen verhindern können.

 

Praxistipp:

Nach meiner Auffassung hätte das Gericht auch anders entscheiden können. Es liegt sehr nahe, dass jemand die Tür verschieben möchte, um in die von ihr behinderte Toilettenkabine zu gelangen. Es wäre ein Leichtes gewesen, diese Situation zu vermeiden. Er hätte die Tür wieder ein hängen oder so abstellen können, dass sie „aus dem Weg“ war, also nichts blockierte.

Ich sehe auch nicht, dass jeder wissen muss, wie schwer Türen sind. Die normale Erfahrung ist doch, dass das Gewicht einer Tür gar keine Rolle spielt. Jedes Kind kann sie ganz leicht bewegen – wenn sie eingehängt ist.

Ich bin durchaus der Meinung, dass wir in noch stärkerem Maße dazu kommen sollten, Verantwortung für das eigene Verhalten zu übernehmen und bei einem Problem nicht immer nach einem Anderen zu suchen, der dafür belangt werden könnte. Insofern ist die Entscheidung des Landgerichts Coburg gegen die „Vollkasko-Mentalität“ im Ergebnis zu begrüßen. Die rechtliche Argumentation des Gerichts scheint mir jedoch zweifelhaft.