Sachverhalt:
Der Auftragnehmer (AN) führt bei einem Mehrfamilienhaus Rohbauarbeiten, Dacharbeiten sowie Fassadenarbeiten einschließlich WDVS aus. Im Bauvertrag ist eine generelle Gewährleistungszeit von 5 Jahren vereinbart. Für die Dachabdichtung ist sie verlängert auf 10 Jahre. Im Protokoll der förmlichen Abnahme, an der beide Parteien teilnehmen, ist vermerkt, dass die Gewährleistung außer für das Dach auch für die Fassade 10 Jahre läuft. Beide Parteien unterschreiben das Protokoll. Nach ca. 7 Jahren treten Mängel an der Fassade auf. Der AN beruft sich auf Verjährung. Nach seiner Ansicht hat seine Unterschrift unter das Abnahmeprotokoll keine rechtlichen Wirkungen. Da er die geänderte Gewährleistung für die Fassade im Protokoll gar nicht bemerkt habe, könne seine Unterschrift unter das Protokoll aber auch nicht als Bestätigung dafür angesehen werden.
Urteil:
Das OLG Bamberg ist anderer Meinung. Es sieht die Unterschriften der Parteien unter das Protokoll als juristisch wirksame Willenserklärungen an. Diese Erklärungen haben dazu geführt, dass die Gewährleistungsfrist verlängert wird. Unterschriften unter Abnahmeprotokolle sollen grundsätzlich rechtliche Wirkungen herbeiführen. Sie dienen also nicht nur als Bestätigung der Teilnahme im Abnahmetermin. Hätte der AN der Verlängerung der Gewährleistung nicht zustimmen wollen, hätte er dies ausdrücklich erklären müssen. Wenn er das Protokoll ohne Anmerkungen unterschreibt, muss der Auftraggeber davon ausgehen, dass der AN mit dem gesamten Inhalt des Protokolls einverstanden ist. Außerdem löst ein Abnahmeprotokoll grundsätzlich rechtliche Wirkungen aus. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass in einem Abnahmeprotokoll Regelungen über die Gewährleistungsfrist enthalten sind. Daher kann sich der AN auch nicht durch seine Behauptung entlasten, er habe den entsprechenden Passus nicht gesehen. Nach dem Urteil ist also die Gewährleistungsfrist durch die Unterschriften unter das Abnahmeprotokoll verlängert worden.
Praxistipp:
Die Entscheidung zeigt in aller Deutlichkeit, wie wichtig es ist, das Abnahmeprotokoll in allen Einzelheiten durchzulesen und gegebenenfalls Widersprüche zu erheben. Diese Widersprüche sollten auch in das Protokoll aufgenommen werden.
Wenn der AN einen Vertreter zur Teilnahme an der vereinbarten gemeinsamen Abnahme schickt, ist davon auszugehen, dass dieser Vertreter alle erforderlichen Vollmachten hat, um auch solche Vereinbarungen zu treffen, die in Abnahmeprotokollen durchaus üblich sind, auch wenn dadurch die bisherigen vertraglichen Vereinbarungen geändert werden.
OLG Bamberg, Urteil vom 26.6.2018, AZ: 5 U 99/15